Solitonen

Solitonen
Solitonen
 
[zu solitär gebildet], Singular Soliton das, -s, solitäre Wellen, Physik: stationäre Wellen in nichtlinearen dispersiven Systemen, die im Unterschied zu Wellenpaketen in linearen dispersiven Systemen bei ihrer Fortpflanzung nicht auseinander laufen, sondern ihre Gestalt beibehalten. Man kann sie als lokalisierte, dynamisch und strukturell stabile Energiepakete betrachten, die sich mit einer bestimmten Geschwindigkeit in ihrem Medium bewegen (dynamische Solitonen). Zwei Solitonen können elastisch zusammenstoßen, ohne ihre Form zu ändern. Ein Soliton und das zugehörige Antisoliton können sich aber gegenseitig vernichten. Diese Eigenschaften verleihen den Solitonen den Charakter von Teilchen. Die unterschiedliche Ausbreitungsgeschwindigkeit von Wellen verschiedener Wellenlänge (Dispersion) wird bei Solitonen dadurch kompensiert, dass die Wellenausbreitung nicht nur von der Frequenz, sondern auch von der Wellenamplitude abhängt: Solitonen werden durch nichtlineare partielle Differenzialgleichungen beschrieben, die außer einem Term für die Dispersion auch ein nichtlineares Glied enthalten; sie stellen einen speziellen (aperiodischen) Lösungstyp dieser Gleichungen dar. - Dynamische Solitonen spielen eine wichtige Rolle in der Beschreibung nichtlinearer Phänomene, z. B. in der Hydrodynamik, der nichtlinearen Optik und der Plasmaphysik. Erstmalig wurden sie 1834 von J. S. Russell in Form einer Wasserwelle beobachtet, die sich als ein »Wasserbuckel« vom Bug eines in einem engen Kanal fahrenden Kahns löste, als dieser plötzlich gestoppt wurde (die Bezeichnung Solitonen stammt aus den 1960er-Jahren). Die Tsunamis lassen sich z. B. als solitäre Wasserwellen verstehen. In Lichtwellenleitern können sich intensive kurze Lichtimpulse als optische Solitonen ausbreiten. Auch in der Festkörperphysik helfen Solitonen bei der Deutung bestimmter (z. B. magnetische) Phänomene.
 
In Analogie zu den dynamischen Solitonen werden stationäre, lokalisierte Konfigurationen endlicher Energie von wechselwirkenden Eich- und skalaren Feldern in D (räumliche) Dimensionen für bestimmte nichtabelsche Eichgruppen als topologische Solitonen bezeichnet, weil deren dynamische und strukturelle Stabilität topologischer Ursachen hat. So kann auf einer kompakten Mannigfaltigkeit (z. B. einem Kreis oder einer Kugel) ein in Richtung der äußeren Normalen orientiertes Vektorfeld durch die Windungszahl charakterisiert werden, die angibt, wie oft es die Basismannigfaltigkeit überdeckt. Solche, in ähnlicher Weise auch für höherdimensionale kompakte Mannigfaltigkeiten definierbare und stets ganzzahlige Größen werden als topologische Quantenzahlen bezeichnet. Auch topologische Solitonen sind Lösungen spezieller nichtlinearer Differenzialgleichungen, die sich z. B. für D = 1 als dynamische Solitonen auffassen lassen, für D = 3 rotationssymmetrische magnetische Monopole und für D = 4 die so genannten Instantonen darstellen. Die topologischen Solitonen werden gelegentlich als (klassische) nichtlineare Modelle der Elementarteilchen herangezogen; magnetische Monopole könnten nach der Georgi-Glashow-Theorie als spezielle, extrem schwere Konfigurationen mit innerer Struktur den Protonenzerfall katalysieren, und Instantonen beschreiben in der Quantenchromodynamik den Tunneleffekt zwischen topologisch verschiedenen Vakuumzuständen.

Universal-Lexikon. 2012.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Solitonen — Ein Soliton ist ein Wellenpaket, welches sich durch ein dispersives und zugleich nichtlineares Medium bewegt und sich ohne Änderung seiner Form ausbreitet. Kommt es bei einem Zusammenstoß mit gleichartigen Wellenpaketen zu einer Wechselwirkung,… …   Deutsch Wikipedia

  • Soliton — Ein Soliton ist ein Wellenpaket, welches sich durch ein dispersives und zugleich nichtlineares Medium bewegt und sich ohne Änderung seiner Form ausbreitet. Kommt es bei einem Zusammenstoß mit gleichartigen Wellenpaketen zu einer Wechselwirkung,… …   Deutsch Wikipedia

  • Tsunamis: Physikalische Ursachen und Auswirkungen eines extremen Naturereignisses —   Tsunamis sind die spektakulärsten Vertreter einer Gruppe von Wellenphänomenen, die man Solitonen nennt und die sich aufgrund von nichtlinearen Effekten praktisch dispersionsfrei fortbewegen, also ohne auseinander zu laufen. Sie werden… …   Universal-Lexikon

  • John Scott Russell — (vor 1873) John Scott Russell (* 9. Mai 1808 in Glasgow; † 10. Juni 1882 in London) war ein britischer Ingenieur, Schiffbauer und Physiker. Bekannt ist er durch die Konstruktion des Schiffes …   Deutsch Wikipedia

  • Magnetischer Monopol — Ein magnetischer Monopol ist ein Magnet, der nur einen Pol hat, also nur den Nord oder nur den Süd Pol. Ein solcher Magnet ist bisher nicht gefunden worden, sondern lediglich unter besonderen Bedingungen Strukturen, die nach außen wie ein Monopol …   Deutsch Wikipedia

  • Akira Hasegawa — (jap. 長谷川 晃, Hasegawa Akira; * 17. Juni 1934 in der Präfektur Tokio)[1][2] ist ein japanischer Physiker, der sich mit Plasmaphysik und optischen Solitonen beschäftigt. Hasegawa studierte an der Universität Osaka, wo er 1959 sein Diplom als… …   Deutsch Wikipedia

  • Gittereichtheorie — Eine Gittereichtheorie ist eine Eichtheorie, welche auf einer diskreten Raumzeit definiert wird. Gittereichtheorien gehören zu den wenigen Möglichkeiten nicht störungstheoretische Berechnungen in Quantenfeldtheorien durchzuführen. Die Grundidee… …   Deutsch Wikipedia

  • Korteweg-de-Vries-Gleichung — Die Korteweg de Vries Gleichung (KdV) ist eine nichtlineare partielle Differentialgleichung dritter Ordnung. Sie wurde 1895 von Diederik Korteweg und Gustav de Vries zur Analyse von Flachwasserwellen in engen Kanälen vorgeschlagen, wurde zuvor… …   Deutsch Wikipedia

  • Lorentz'sche Äthertheorie — Die lorentzsche Äthertheorie (auch Neue Mechanik, lorentzsche Elektrodynamik, lorentzsche Elektronentheorie, nach dem englischen „Lorentz ether theory“ auch häufig LET abgekürzt) war der Endpunkt in der Entwicklung der Vorstellung vom klassischen …   Deutsch Wikipedia

  • Lorentz'scher Äther — Die lorentzsche Äthertheorie (auch Neue Mechanik, lorentzsche Elektrodynamik, lorentzsche Elektronentheorie, nach dem englischen „Lorentz ether theory“ auch häufig LET abgekürzt) war der Endpunkt in der Entwicklung der Vorstellung vom klassischen …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”